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Typo ’11 Javier Mariscal: Chico & Rita


2011-05-19

der letzte vortrag heute in der großen halle: Javier Mariscal aus barcelona, spanien. der profi-superstar zum ende des tages.

ich schreib einfach so drauflos was ich sehe und denke.

er wird von einem animationsfilm erzählen, sagt das programm: »Chico & Rita«.

er hält den film zunächst mal für die beste story der welt, stellt sein studio in barcelona mit einem schicken trailer vor, erzählt dazu was die da so machen, natürlich nur oberflächlich, in erwartungsgemäßem englisch.

ein hotel in bilbao, sie machten alles, möbel, bar. namedropping im video: louis vitton, americas cup, camper. von fonts bis keramik. ne menge möbel. gebäude, schreibtischlampe, besteck, küchenmaschinen, zig logos, animationsfilme, hannover expo, olympics barcelona maskottchen.

klatschen.

jetzt »chico & rita«. ausschnitte laufen, jazzmusik, applaus.

ein cartoon/animationsfilm über kubanische musik, musikernamen fallen, die man kennt, aber nicht schrieben kann.

er fordert immer wieder die musik lauter zu machen. singt mit, alle freuen sich. seine begeisterung für kuba nimmt ihn mit.

splitscreenstyle cartoonanimation. jetzt spricht er nicht weiter, solange die musik so leise ist. »diese deutschen« scheint er zu denken, natürlich alles nur gespielt(?).

man versteht jetzt natürlich kein wort, zumindest den sinn nicht mehr. macht aber nix. schwarzweißbilder aus dem kuba der fünfziger oder zwanziger. er spricht weiter, kommentiert die fotos, das lebensgefühl. zigarren, frauen, familien, musik.

ein anderer film, schwarzweiß, eine nacht in havanna, nachtclubs, damals. er erzählt irgendwas. ich höre nicht wirklich zu. ich glaube, es geht darum, wie er aus diesem material inspiration für den animationsfilm geholt hat. sehr aufwändiges ding.

mehr fotos aus havanna, jetzt farbig, architektur, blau, sauber, bunt, gerade linien, grün, vanille, zackig, swimming pools, autos, häuser wie schiffe, die altstadt, alles kaputt, aber poetisch, touristisch.

bilder aus der stadt und wie sie im film als vorlage verwendet wurden.
die versuche, die farben der stadt zu verstehen, mit gefühl zu arbeiten, im blut, nicht im hirn.

er tanzt.

technik: zuerst schwarze outlines, dann füllen in photoshop.

jetzt dasselbe mit new york. fotos, animierte sequenzen. noch immer jazz und cumbia, laut genug.

gesichter- und characterentwicklung. animationstechniken, abmalen von videovorlagen. eine wahnsinnsarbeit.

wie die characters lebendig werden, mit ihm sprechen. klamotten aussuchen für die figuren. dior.

schauspielerszenen als vorlagen. handwerk von dem ich fast nix verstehe.

nochmal musik. jetzt spricht der regisseur von der leinwand. es geht um cuban music. das wußte ich jetzt schon. new york-cuba connection. musik und film sind eine einheit. extra aufgenommen mit einer jazzband. style der 40/50er. (ben webster, tito puente, etc.) musik wurde nachgespielt, die musiker wurden zu musikalischen schauspielern. ahmen die vorbilder nach. jimmy heath als ben webster. mike mossmann als dizzy …

mariscal schaut gebannt von der seite selbst zu.

ein sänger macht auf nat king cole.

weiter habe ich nicht mehr aufgepasst. der applaus reißt mich aus meinen gedanken.

ach, es geht noch weiter, sketches, 3d, kamerafahrten. eine menge quellmaterial aus filmen, schauspielern, fotos, vorstellungskraft. viel arbeit liegt in formaler abstraktion hin zu outlines. eine sauarbeit sowas. ich hab’s kapiert.

jetzt noch der offizielle trailer.

und jetzt die überraschung: er will noch den ganzen film zeigen, première sozusagen.

die leute klatschen semibegeistert (keiner weiß wie lang der film ist, einige gehen), sind eher erschlagen vom vortrag. es ist ja auch schon fast neun.

aber das ist natürlich toll. die bühne wird für eine größere leinwand umgebaut. smalltalk mit dem moderatoren über seine dyslexie und zeichnerei. improvisiert, profane fragen, wie das so ist. saal leert sich doch zunehmend. ich bleibe. musik finde ich super, jazz großartig, cuban ist auch gut, auch trotz buena vista overkill. cartoon/animation ist nicht unbedingt mein fall, aber was ich gesehen habe war schick. also warten. weil hier die steckdose ist. nicht dass da nachher jemand anderes sitzt.

bühne mittlerweile zerrupft. sie sprechen über berlin, es sei so sauber hier, fahrrad fahren, ne menge los und zu tun, polyglotte stadt, was soll man schon sagen … ich glaube keiner hört zu.

seine filme wird es ausschließlich im netz geben. jeder andere vertrieb wäre zu schwierig und riskant. vor allem bei animationsfilmen für erwachsene. kann man sich denken.

die bühne ist fast wieder hergestellt, warum benutzen sie nicht immer die große leinwand, fragt man sich.

saal viereinhalbsiebtel voll. es scheint gleich loszugehen. man weiß immer noch nicht, wie lange »Chico & Rita« ist. (er ist 90 minuten).

lights down. applaus. film ab. ich kucke und schreibe nicht mehr.

spanisch, englische untertitel. irgendwann in der mitte will ich gehen. obwohl der film echt lieblich ist und gut gemacht. aber so ungeplant, das reißt mich aus dem konzept. wenn ich jetzt rausgehe, ist draußen bestimmt kein mensch. das macht mir etwas angst, aber hey. ich bin ja erwachsen. die musik im ohr schleiche ich mich davon.

morgen mehr

2 Kommentare


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